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Die Stadt Staßfurt
Das Geheimnis
der Glocke im Tier-
garten zu Staßfurt



Wohl jeder Staßfurter kennt sie, hat sie betrachtet und berührt: die Glocke, welche im Tiergarten Staßfurt aufgestellt ist. Auf die Frage, woher sie stammt, hört man als Antwort oft, sie sei vom "Schiefen Turm", jenem Kirchturm, der nach dem Brand der Staßfurter Stadtkirche St. Johannis stehen blieb und sich durch den Bergbau unter Tage nach und nach neigte, bis er schließlich im Jahre 1964 abgerissen wurde. Diese Antwort ist völlig falsch, denn dass Geläut der Sankt Johannis- Kirche, gegossen im ausgehenden 19. Jahrhundert und mit dem des Prager Domes vergleichbar, bestand aus vier Bronzeglocken, von denen im Ersten Weltkrieg drei für Rüstungszwecke abgegeben werden mussten. Die verbliebene kleine Glocke stürzte schließlich beim Brand der Kirche im Jahre 1947 ab und ist dabei zerstört worden. Aus ihren Resten wurde eine neue Glocke gegossen, welche sich heute im Turm der Sankt Petri- Kirche auf dem Königsplatz befindet.


Der heutige Tiergarten Staßfurt war einst der Garten der Staßfurter Industriellenfamilie Adam. Im Zeitraum von 1880 bis 1890 errichtete man im von Staßfurt nur wenige Kilometer entfernten Dorf Groß Mühlingen eine neue Kirche, für die auch neue Glocken gegossen wurden. Diese Staßfurter Industriellenfamilie unterstützte den Kirchenneubau, wofür sie als Dank eine Glocke der alten und nun bereits abgerissenen Groß Mühlinger Kirche zur Verschönerung ihres Gartens erhielt. Und so kam diese Glocke um das Jahr 1900 nach Staßfurt.



Es handelt sich bei dieser Glocke um eine sehr alte Glocke, nach der Form und Entstehungszeit wird sie den "Zuckerhut"- Glocken zugeordnet. Ihr Guss fand um das Jahr 1375 statt, somit ist sie die älteste Glocke auf dem Gebiet der heutigen Kernstadt Staßfurt. Jahrhunderte lang läutete sie in der Groß Mühlinger Kirche, bis sie um 1800 einen Sprung erhielt und somit ihren Klang verloren hat. Dieser Sprung ist noch heute erkennbar und auf dem linken Bild über diesem Abschnitt zu sehen. Nachdem sie nun zum Läuten nicht mehr zu gebrauchen war, entschied sich die Groß Mühlinger Kirchengemeinde, diese Glocke für den Stundenschlag der Turmuhr einzusetzen. Etwa ein Jahrhundert lang fiel regelmäßig der Uhrhammer auf den äußeren unteren Rand der Glocke und hinterließ seine Spuren, die auch heute noch erkennbar und im mittleren Bild zu sehen sind. Die Funktion als Uhrschlagglocke erfüllte sie bis zum Abriss der Kirche um 1880. Das rechte Bild zeigt ein Medaillon auf der Glocke mit der Kreuzigungsszene, welches typisch für die Entstehungszeit der Glocke ist. Dieses Medaillon ist auch im Groß Mühlinger Pfarrarchiv in den Aufzeichnungen eines ehemaligen Pfarrers über das Inventar der dortigen alten Kirche zeichnerisch dargestellt.


Mit der Bodenreform nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Garten der Familie Adam Eigentum der Stadt und zum Tierpark umgestaltet. Auch die Glocke kam somit in den Besitz der Stadt Staßfurt. Über ein Jahrhundert schweigt sie nun, denn von dem Tage an, als sie nach Staßfurt kam, stand sie nur zur Verschönerung des Gartens auf einem Sockel. Eine im Jahre 2004 durchgeführte Klangprobe bescheinigte ihr trotz des Risses einen angenehmen hellen Ton. Vielleicht ist es eines Tages möglich, sie instand zu setzen und ihr wieder die Funktion zukommen zu lassen, für die sie einst geschaffen wurde. Allein ihre Historie wäre es wert!



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